Freitag, 22. April 2011

Satiriker auf den obersten Richterbänken... und keiner hat's bemerkt!

Es gibt zwei mögliche Antworten auf die Frage, aus welchem Grund das Bundesverfassungsgericht sich jüngst dazu veranlasst sah, eine Bürgerklage abzuweisen. Eine Antwort könnte die Bürokratieverliebtheit des Gerichts sein. Die andere, und das wäre die amüsantere Variante, wäre der bislang verkannte Humor der Obersten Richter. Mit satirischem Talent sind bisher weder Andreas Voßkuhle noch seine Kollegen aufgefallen. Bisher hieß jedoch auch keiner der Kläger in Karlsruhe Martin Sonneborn. Der reichte dort im Dezember Klage ein, weil die Partei "Die Partei" bei den vergangenen Bundestagswahlen nicht zugelassen worden war und forderte daher Neuwahlen. Zu einer Begutachtung der Klage kam es in Karlsruhe gar nicht erst; die Verfassungsrichter wiesen den "normalen Wahlbürger" Sonneborn direkt mit der Begründung zurück, er hätte zunächst vor dem Bundestag klagen müssen. Das hat Martin Sonneborn im vergangenen Jahr getan - jedoch nicht als Privatperson, sondern in seiner Funktion als Parteivorsitzender der "Partei". Eine natürliche Verbindung zwischen Martin Sonneborn, dem "normalen Wahlbürger" und Martin Sonneborn, dem politischen Funktionsträger, ergab sich für das Verfassungsgericht nicht. Es sei keine "Personenidentität" zwischen den beiden Klägern festzustellen, begründeten die Richter die Zurückweisung der Klage.

Aus juristischer Sicht klingt diese Begründung einleuchtend. Für eine natürliche Person wie Martin Sonneborn, der auf seine Umwelt wie jemand wirkt, der seine beiden Identitäten (plus diejenige als Titanic-Redakteur) irgendwie ganz gut zu verwalten fähig ist, muss sie eher nach Situationskomik aussehen. 
Es wäre nicht das erste Mal, dass die Titanic beim Überstrapazieren der zumutbaren Satire versehentlich einen Skandal aufgedeckt hätte.* Diesmal mag kein Skandal dahinter stecken, zumindest aber ein Missstand: Dass die Zulassung von Parteien zu den Bundes- und Landtagswahlen in Deutschland nicht vollends demokratisch funktioniert, bemängelt nebst Staatsrechtlern auch die OSZE schon seit Jahren.

Verfassungsrichter wie Bundeswahlleiter Roderich Egeler (Nein, dieser Name ist kein schlechter Witz; er heißt wirklich so) scheinen das Recht wiederum sicher auf ihrer Seite zu wähnen. Zumindest konnte sie auch die Drohung Martin Sonneborns nicht aus der Ruhe bringen, als er von der abgewiesenen Klage erfuhr: "Wenn wir an die Macht kommen, ist der Bundeswahlleiter tot!"


*Lieblingsbeispiel: Jürgen Möllemann

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